Produkt- oder Imagewerbung?

von Ronald Hüning

Tue Gutes und rede darüber!

Zugrundeliegender Sachverhalt

Nach fast einem Jahr Corona-Pandemie wollte sich ein Hersteller im Bereich der Wundversorgung bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Apotheken und Arztpraxen bedanken. Medizinische Fachangestellte und Pharmazeutisch- technische Assistentinnen und Assistenten stehen seit über einem Jahr an der „Corona-Front“. Als Dankeschön wurden ihnen kostenlose Online-Yoga-Kurse angeboten. Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main e.V. sah darin eine unzulässige Werbegabe im Sinne von §§ 3, 3a UWG in Verbindung mit § 7 HWG. Dieser Auffassung hatte bereits das Landgericht Dortmund1 eine Absage erteilt. Im Berufungsverfahren wies das Oberlandesgericht Hamm (OLG) in seinem Beschluss vom 13. April 2021 (Az. I-4 U 29/21) darauf hin, dass die Berufung der Wettbewerbszentrale keine Aussicht auf Erfolg hat. Sowohl das Landgericht als auch das OLG konnten keine Produktbezogenheit in der angegriffenen Werbung erkennen; die Wettbewerbszentrale nahm die Berufung zurück.

Anwendungsbereich des HWG nicht eröffnet

Grundsätzlich dürfen Zuwendungen oder sonstige Werbegaben für Arzneimittel oder Medizinprodukte weder angeboten, noch angekündigt oder gewährt werden (§ 7 Abs. 1 HWG). Die strengen Ausnahmetatbestände des § 7 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 HWG lagen hier nicht vor. Allerdings findet das Heilmittelwerbegesetz gemäß § 1 Abs. 1 HWG nur Anwendung soweit Werbung für die relevanten Produkte betrieben wird. Demgegenüber ist die allgemeine Imagewerbung, d. h. die Werbung, die ohne Bezugnahme auf bestimmte Produkte für das Ansehen und die Leistungsfähigkeit des Unternehmens allgemein wirbt, vom HWG nicht erfasst. Entscheidendes Abgrenzungskriterium der „Werbung“ gegenüber anderen Kommunikationsformen ist das Ziel, den eigenen oder fremden Absatz zu fördern. Ob eine solche Zielsetzung zu bejahen ist, entscheidet sich nach dem Gesamterscheinungsbild der Werbung unter Berücksichtigung der Schutzziele des Heilmittelwerberechts. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Heilmittelwerbegesetzes ist immer die Produktbezogenheit der Werbung. Ein Produktbezug liegt vor, wenn nach dem Gesamterscheinungsbild die Anpreisung bestimmter oder zumindest individualisierbarer Produkte im Vordergrund steht. Bei der von den Gerichten zu beurteilenden Werbung fehlte jeder Produktbezug. Das Gesamterscheinungsbild ließ keinerlei spezielle Absatzförderungsabsicht erkennen, da auf der Website weder Produkte des Herstellers abgebildet waren noch im Text auf Produkte Bezug genommen wurde. Der einzige Zweck dieser Seite bestand darin, sich bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit den Online- Yoga-Kursen für deren Einsatz während der Corona Pandemie zu bedanken. Dem steht nach den Ausführungen des OLG nicht entgegen, dass auch die allgemeine Unternehmens- und Imagewerbung im Grundsatz dem Zweck dient, allgemein den Absatz der Produkte des werbenden Unternehmens zu fördern. Andernfalls verfehle sie ihren Sinn und Zweck als Werbung, so das OLG. Ein Produktbezug ergibt sich nach den übereinstimmenden Feststellungen der Gerichte auch nicht daraus, dass die Website unter dem Markennamen der vom Hersteller vertriebenen Produkte angelegt war. Die Verwendung des Markennamens ist, so das OLG zutreffend, insofern „als Synonym für das Unternehmen“ des Herstellers anzusehen. Die Verwendung des Markennamens allein führt demgemäß nicht zu einem Produktbezug. Die Werbung des Herstellers für die Online-Yoga-Kurse war auch nicht mit der Werbung zu vergleichen, wie sie der Entscheidung „Brillen für Corona-Helden“ des Oberlandesgerichts Stuttgart2 zugrunde lag, das die Werbung als wettbewerbswidrig qualifiziert hatte. Bei der „Brillen für Corona-Helden“ Werbung wurden nämlich kostenlos Brillen durch Optikerfachgeschäfte abgegeben, so dass ein konkreter Produktbezug vom Oberlandesgericht Stuttgart zu bejahen war.

Fazit

Ob es sich um Produkt- oder Imagewerbung handelt, ist bei der Werbung im Gesundheitsmarkt von elementarer Bedeutung. Nur bei der Imagewerbung findet das Heilmittelwerberecht keine Anwendung, so dass im Fall der Imagewerbung auch Zuwendungen getätigt werden dürfen. Dies sollte idealerweise schon bei der Gestaltung etwaiger Werbemaßnahmen berücksichtigt werden. Unternehmen im Gesundheitsmarkt bietet sich so die Chance, sich auch durch Zuwendungen erkenntlich zu zeigen, ohne Gefahr zu laufen, sich wettbewerbswidrig zu verhalten. Der Beschluss des OLG begrenzt hier den Anwendungsbereich des Heilmittelwerberechts und stellt klar: Imagewerbung im Gesundheitsmarkt bleibt erlaubt.

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© MTD-Verlag 2022 (www.mtd.de) Veröffentlicht in der Fachzeitschrift MTD Medizintechnischer Dialog

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